Am Anfang war das Rad

© 2019 Friedrich Haugg

Über welchen Anfang reden wir eigentlich?

Ich meine den Beginn der Unterstützung der menschlichen (Kraft-)Arbeit durch Maschinen. Da steht zweifellos das Rad. Wirklich bemerkenswert ist bei dieser Überlegung die Zeit. Nach heutiger Anschauung, die nur von streng gläubigen Amerikanern bestritten wird, gab es lange, sehr lange auf der Erde nichts, was durch Erfindungen eines Individuums verbessert werden konnte. Das Gehirn, wie es heute ist, hat sich nach diesen Maßstäben erst im letzten Augenblick entwickelt. Bis dahin wurde sich ernährt und gemordet mit den natürlichen Waffen: Zähnen und Händen (Krallen).

Dann ging alles sehr schnell: Die Keule als Verlängerung des Hebels, Steine etc. als Werkzeug, die Kombination von Werkstoffen zu Hammer und Axt. Und plötzlich: Das Rad. Eigentlich ist nicht das Rad die Erfindung, kugelige Tiere, die davon rollen sind schon älter, sondern das Radlager. Die Evolution konnte das nicht erfinden: Mit dem Radlager war das Rad biologisch zu trennen vom Organismus und konnte daher nicht versorgt werden.

Erst kam das leichtere Transportieren, weil das Rad die Reibungskräfte dramatisch verringerte. Der entscheidende Schritt erfolgte aber etwas später. Dass man die potentielle Energie einer höher gelegenen Wasseransammlung in eine kraftvolle Drehbewegung umsetzen kann, erkannten - wieder einmal - griechische Enwickler. Wer genau, weiß man nicht. Aber die Erfindung war revolutionärer, als die Erfinder ahnten. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde fremde Energie nutzbar gemacht. Hebel, Räder und Seile haben die Nutzung der Muskeln in Bereiche gebracht, die vorher undenkbar waren. Aber es waren letztendlich die Muskeln, die die Arbeit verrichteten. Von jetzt an war es anders: Es gab Maschinen.

Der nächste Schritt war die Thermodynamik: Der ausdehnende Wasserdampf hat eine unglaubliche Kraft. Geschickt gelenkt konnte er Maschinen antreiben. Die erste industrielle Revolution fand statt.

Dann wurde die Energie bekannt, die beim Verbrennen dieser dreckigen, schwarzen Substanz aus der Erde frei gesetzt wird. Der Diesel- und der Ottomotor waren die nächsten Antreiber.

Schnell wurde das umgesetzt in ungeheuerliche Transportmittel: Auto und Flugzeug. Eine Geschichte für sich. Sie fand im Anfang des letzten Jahrhunderts statt. Zum Ende des 2.Weltkrieges gab es einen neuen Siegszug: Die Elektronik, ganz schwacher Strom, konnte verwendet werden, um komplexe Dinge zu erledigen.

Jetzt ist der Computer gerade mal etwa 60 Jahre alt und was er mittlerweile kann, ist atemberaubend. Der Versuch, intelligente menschliche Tätigkeiten nachzubauen, ist in vollem Gange.

Was in den Jahren zwischen 1900 und 1945 passiert ist, darüber kann man nur mit offenem Mund staunen. In meinem Buch 'Zehn gute Jahre' können Sie das ein wenig miterleben.

Was aber schockiert, ist die Tatsache, dass alles in einem winzigen Abschnitt der Geschichte der Erde stattfand. Was für ein Glück, dass wir genau das erleben können. Jahrmillionen davor ist nichts Wesentliches passiert.

Wie es weitergeht, ist bei der exponentiellen Entwicklung schwer vorherzusagen. Es wird auf jeden Fall spannend. Hoffentlich löschen wir uns nicht selbst dabei aus. Das ist keine Schwarzmalerei, sondern nüchtern sachliche Überlegung. Es geht einfach zu schnell. Unser evolutionäres Gehirn kommt da nicht mit.

Sollten wir ausgelöscht werden, so ist alles wieder wie vorher. Die Evolution macht zwangsläufig so weiter wie immer. Nur: Keiner kann es mehr beobachten. So lange, bis wieder neues Bewußtsein entsteht.