Respekt

© 2021 Friedrich Haugg

Respekt gehört zum Wichtigsten im Umgang mit anderen. Nächstenliebe wäre noch besser, aber die ist schon ein wenig schwierig - in den meisten Fällen. Respekt aber, der ist möglich.

Zum Beispiel vor der Meinung oder der Haltung anderer. Man muss nicht seiner Meinung sein, man muss diese auch nicht für sich übernehmen. Aber man sollte sie sich anhören.

Wird schwierig, wenn der der Meinung ist, man müsse irgendwen köpfen, vierteilen und dann öffentlich aufhängen. Das ist übrigens keine Meinung, sondern ein Aufruf zur öffentlichen Gewalt. Das Gegenüber beweist nur, dass es nicht den geringsten Respekt hat. Da hilft übrigens kein Diskutieren. So jemand ist keinen Argumenten zugänglich. Was tun?

Eigentlich habe ich keine Ahnung. Ist es ein Freund, ein guter Bekannter, dann umso schlimmer. Ich würde ihm sagen, dass solche Witze sich nicht mit meinem Menschenbild vertragen und außerdem sehr gefährlich sind. Und wenn es kein Witz war, dann sollte er lange an die frische Luft gehen und versuchen nachzudenken.

Meistens ist es das gefährliche Resultat der Echokammer, die jemanden zu solchen Extremen aufschaukelt. Es fehlt das, was früher Elternhaus, Schule und Religion von Kindheit an vermittelt haben: Respekt eben. Die Kirche kann das nicht mehr, weil sie sich selbst unglaubwürdig gemacht hat und die Eltern tun es wohl nicht mehr, weil sie zu sehr damit beschäftigt sind, sich zu verwirklichen. Ist mein Eindruck. Die Schule? Nun ja. Das hängt sehr von der Persönlichkeit des Lehrers ab. Wäre auch einmal sinnvoll, das genauer anzusehen.

Es gibt aber noch eine subtilere Zerstörung des Begriffs Respekt.

Wenn ein Clanchef oder ein Vater einer Familie die Kritik an einem seiner Mitglieder oder an ihm selbst als mangelnden Respekt bezeichnet, so heißt das eigentlich nur: Misch dich nicht ein. Es geht dich einen Dreck an, was ich denke und mache. So wird Respekt persönliche Anmaßung.

Als christlich Erzogener, komme ich immer wieder darauf zurück, dass die Zehn Gebote eine einfache und für das Zusammenleben perfekt funktionierende Richtschnur sind. Das Problem ist nur, dass sie mit der desolaten Organisation der Kirche in Verbindung gebracht werden und noch schlimmer: Dass viele Menschen erkannt zu haben glauben, dass die Gebote ihnen persönlich nicht nützen. Welch fataler Irrtum.

Wir täten gut daran, unsere Kinder auf die Gebote zu konditionieren und nicht nur auf den Konsum.